Lehrstücke

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Deutsch, Kunst, Physik
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Sek I, Sek II

Berner Zytglogge

Die Schülerinnen und Schüler erfassen das Getriebe sprachlich, zeichnerisch und mechanisch.

Die Schülerinnen und Schüler erfassen das Getriebe sprachlich, zeichnerisch und mechanisch.

Der Berner Zytglogge, bekannt durch sein Astrolabium und Figurenspiel, beherbergt ein Juwel der Technikgeschichte: ein spätmittelalterliches Uhrwerk, das noch heute, obwohl über 500 Jahre alt, einwandfrei funktioniert. Wir sind der faszinierenden Konstruktion nachgegangen und haben diese zum Zentrum eines interdisziplinären Lehrstücks gemacht. Nach dem Ansatz des explorativen Lernens setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit der Uhr auseinander und erkunden deren Funktionsweise. Nach und nach gibt der auf den ersten Blick so komplex erscheinende Gegenstand seine Geheimnisse preis. Je grösser die Lernanstrengung ist, umso reicher der Gewinn. Nicht rascher Konsum, sondern das hartnäckige Ringen um eine komplizierte Problemlösung bereitet hier Genuss und Freude. Ein solches Uhrwerk verstehen zu wollen, heisst, mit Sten Nadolny zu sprechen, «die Langsamkeit zu entdecken»: Nicht beim ersten raschen Blick, sondern beim zweiten, ja vielleicht erst beim dritten Blick eröffnet sich uns die faszinierende Welt dieses Apparates.

Astrolabium des Zytglogge

Astrolabium des Zytglogge (1405/06)

Darüber hinaus ist das Zytglogge-Uhrwerk ein Exemplum der abendländischen Technikgeschichte: Im Spätmittelalter wird die mechanische Uhr, als die erste Präzisionsmaschine des Abendlandes, zum Leitmedium der zivilisatorischen Entwicklung. Mit dem Uhrwerk des Zytglogge erhalten wir also Einblick in diese entscheidende Phase des technischen Fortschritts. Aufgrund ihres mechanistischen Weltbildes stellten sich die Wissenschaftler des 16. und 17. Jahrhunderts vor, die Welt würde wie eine grosse Maschine funktionieren. Der Ehrgeiz der Techniker ging dahin, die „Welt-Maschine“ durch mechanische Uhrwerke gewissermassen nachzukonstruieren. Strassburg, Prag und auch Bern sind herausragende Beispiele dafür. Für Johannes Kepler glich das Universum nicht einem Lebewesen, sondern einem grossen Uhrwerk, und Robert Boyle sah das Universum an als ein „Juwel der Uhrmacherkunst“.

Im Lehrstück „Berner Zytglogge“ wirken Beiträge der Fächer Deutsch, Physik und Gestalten gleichberechtigt zusammen und werfen je ihr Licht auf das Uhrwerk.

Textprobe aus einer Schülerarbeit aus der 10. Klasse, in Redaktionssitzungen gemeinsam erarbeitet (Beschrieb der Pendeleinrichtung): "In der Mitte des Pendels ist eine horizontale Verbindungsstange angebracht, welche vom hin- und herwippenden Gewicht mitbewegt wird und den Rhythmus auf eine drehbar gelagerte Stange überträgt. Die Drehachse dieser Stange besitzt zwei kleine Metallflügel, welche seitlich versetzt sind und, auf ein sägeförmiges Zahnrad schlagend, das Tickgeräusch verursachen. Die zwei Flügel hemmen das von einem Gewichtstein gezogene Zahnrad an der Drehung, indem sie es an zwei gegenüberliegenden Stellen abwechselnd halten und loslassen. Dabei stellt sich der eine Metallflügel einem Kronrad-Zahn auf seinem Weg entgegen. Durch die Zugkraft des Kronrades wird der Metallflügel aber etwas weggedrängt, so dass das Rad ein wenig vorbeidrehen kann; sofort wird es auf der Gegenseite vom anderen Metallflügel aufgehalten, bis auch dieser weggeschoben wird, worauf das Rad wieder vom ersten Flügel aufgehalten wird. Und so weiter. Die Metallflügelchen geben durch ihr regelmässiges Hin- und Herwippen das Zahnrad also immer um einen kleinen Weg zur Drehung frei.
Bei genauem Hinschauen erkennt man, dass die Metallflügelchen vom Kronrad stets einen kleinen Rückstoss erhalten. Das Kronrad wird somit nicht nur gehemmt, sondern es übt dank seiner Zugkraft rückwärts, via die Metallflügel, auch immer wieder eine anstossende Kraft auf das Pendel aus. Diese kleinen Rückstösse sind der Grund, weshalb das Pendel nicht zum Stillstand kommt. Sie ersetzen und kompensieren dasjenige an Energie, was das Pendel durch Reibung und Luftwiderstand bei jeder Schwingung einbüsst. Würde das Pendel durch das Kronrad und durch die Metallflügelchen nicht immer wieder etwas angetrieben, so zöge die Schwerkraft das Pendelgewicht unweigerlich in die Senkrechte, was, zusammen mit der Reibung, einen Stillstand der Uhr bewirken würde.
"

Der Zytgloggenturm in Bern, mit Astrolabium (1405/06)

Der Zytglogge - ein Turm in Bern

Inszeniert in

Bern CH

Lehrstückbericht

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Knobel/Vogel 2006

Material

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Anhänge A1 bis A6 als *.doc