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Sek II

Fontanes "Effi Briest"

heodor Fontane ist der berühmteste Realist der deutschen Literatur im 19. Jahrhundert. Sein erfolgreichstes Werk unter den rund zwei Dutzend Romanen, Reisebeschreibungen und Erzählungen und eine Art Bilanzroman drei Jahre vor seinem Tod ist „Effi Briest“. Fontane in seinem Tagebuch: Die Buchausgabe brachte es „in weniger als Jahresfrist zu fünf Auflagen – der erste wirkliche Erfolg, den ich mit einem Romane habe.“ Ein exemplarisches Werk also.

Romangenese als Genesung ihres Autors an seinen "Kinderjahren"

Womöglich noch interessanter ist aber die Genese des Werks, die uns die Dramaturgie fürs Lehrstück liefern kann. Denn gegen die landläufige Vermutung, Haupt-Quelle und -motiv für den "Effi Briest"-Roman sei die Ehebruchsgeschichte der Elisabeth Baronin von Ardenne, geb. Freiin von Plotho, und es gehe also in der Schule darum, die sogenannte Ardenne-Affäre mit der Gestaltung im Roman zu vergleichen, liegt die Motivation, dass Fontane diese Geschichte erzählt, woanders. Der Fontane-Forscher H.H. Reuter zitiert in seiner Ausgabe die berühmten Fontane-Briefstellen, wo Fontane gegen die allgemeine Rezeption seines Romans beim Publikum und beim grössten Teil der Kritik betont, was ihm wichtig war:
1. Er schreibt den Roman "träumerisch und fast wie mit einem Psychographen" (2. März 1895 an Hans Hertz), also sozusagen aus seinem Unterbewussten.
2. Die "Effi komm"-Szene steht im Mittelpunkt des Romans: "Das Auftauchen der Mädchen an den mit Wein überwachsenen Fenstern, die Rotköpfe, der Zuruf und dann das Niederducken und Verschwinden machten solchen Eindruck auf mich, dass aus dieser Szene die ganze lange Geschichte entstanden ist." (21. Februar 1896 an Friedrich Spielhagen).
3. Das Spukhaus- und Chinesenmotiv. „Sie sind der erste, der auf das Spukhaus und den Chinesen hinweist; ich begreife nicht, wie man daran vorbeisehen kann, denn erstlich ist dieser Spuk, so bilde ich mir wenigstens ein, an und für sich interessant, und zweitens, wie Sie hervorgehoben haben, steht die Sache nicht zum Spass da, sondern ist ein Drehpunkt für die ganze Geschichte." (19. November 1895 an Joseph Viktor Widmann).
4. Fontane beginnt den Roman 1890 und kündigt ihn bereits an. Dann wird er 1892 sehr krank (und ist ja auch schon 73) und der Tod droht: "Zur Genesung empfahl ihm der Hausarzt, auf die Fertigstellung des Romans vorerst zu verzichten und stattdessen an der ebenfalls begonnenen Autobiographie "Meine Kinderjahre" weiterzuschreiben. Das Aufarbeiten seiner Kindheit in Swinemünde – letztlich das Vorbild für Kessin – tat ihm gut, und so schrieb er sich im wahrsten Sinne des Wortes "wieder gesund". Nachdem er seine Autobiographie fertiggestellt hatte, nahm Fontane 1893 die Arbeit an Effi Briest wieder auf, und es überrascht wohl kaum, dass sich manche Szenerien aus Fontanes Leben im Roman wiederfinden, etwa der Spuk in der väterlichen Apotheke, der Schloon oder seine Faszination am Schaukeln, am Wasser und am "Aparten"." (Dieter Wöhrli in der sbb-Ausgabe S. 346).

Effi komm 1 Auf der Folie der (beinahe psycho-analytischen) Aufarbeitung seiner Jugend in Fontanes "Meine Kinderjahre" steigen wir mit der Urszene in den Roman "Effi Briest" ein (hier der "Effi, komm"-Ruf von Hertha in einem Standbild aus Fassbinders Roman-Verfilmung). Und schreiben uns gleich ins Lehrstück ein mit eigenen Erfahrungen aus dem Paradiesgärtchen unserer Jugend. Der "Chinesenspuk" im zweiten Lehrstück-Akt und das Verhältnis zu den Eltern im dritten bieten weitere Gelegenheiten, uns selbst in den Effi-Briest-Komplex einzuschreiben und uns sein Thema zu eigen zu machen. Das "Nachspiel" schliesslich öffnet sich der breiten Palette von weiteren Themen, Motiven, Figuren und Stilfragen des materialreichen Romans.

Das hier angebotene Material

Neben den beiden Romantexten und einem Überblick über Fassbinders "Effi Briest"-Verfilmung bieten wir das Lehrstück auf einer Seite, einen Ablauf des Lehrstücks mit didaktischen Umsetzungsempfehlungen für eigene Inszenierungen sowie Beispiele von Einschreibeübungen (der Lehrkraft). Wer weiteres Material oder Unterstützung für eine Umsetzung des Lehrstücks im eigenen Unterricht haben möchte, möge sich doch hier unter Lehrkunst(at)lehrkunst.ch melden.